Assistive Systeme

Hintergrund

Mit dem Projekt CARE REGIO ist in Bayerisch Schwaben eine Leitregion für digital unterstützte Pflege im Entstehen. Ziel des Verbundprojektes ist es, nachhaltige Konzepte für eine digital unterstützte Pflege zu entwickeln. Pflegekräfte und pflegende Angehörige sollen dabei spürbar entlastet sowie Pflegebedürftige in ihrer Selbständigkeit unterstützt werden.

Den modernen Technologien wird das Potential zugeschrieben, die Qualität der pflegerischen Versorgung im Gesundheitswesen zu verbessern und Zeiteinsparungen erzielen zu können.

In Teilgebieten wie etwa körperlicher Entlastung, Monitoring, Dokumentation und sozial-emotionalen Bereichen werden bereits digitale Mittel genutzt. Dabei handelt es sich oft um Insellösungen oder Anwendungen im Entwicklungsstadium.

Zudem gibt es eine Reihe von Hürden und Hemmnissen, die eine weitere Verbreitung der Technologien und damit eine Entlastung an der Pflege Beteiligter verzögern. Mit anderen Worten: Die Potentiale, die in der Digitalisierung liegen, werden im Gesundheits- und Pflegebereich noch nicht ausgeschöpft.

Teilprojekt 4

Der Einsatz von technisch-digitalen Systemen kann die gesundheitliche, pflegerische und persönliche Situation der Betroffenen verbessern. Großes Potential wird dabei im Einsatz von Systemen im Bereich der Sturzprophylaxe gesehen.

Die Hochschule Kempten leitet das Teilprojekt 4 innerhalb von CARE REGIO und arbeitet dabei an der Verbesserung der individuellen und bedarfsbezogenen Versorgung von sturzgefährdeten Personen durch den Einsatz assistiver Systeme. Dazu sollen verschiedene Assistenzsysteme, die über eine Plattform kombiniert werden, bei den Betroffenen zum Einsatz kommen.

Sturzprävention

In Deutschland stürzen jedes Jahr 4-5 Millionen Menschen der älteren Generation. Etwa ein Drittel der über 65-Jährigen im privathäuslichen Umfeld lebenden Senioren stürzt durchschnittlich einmal pro Jahr. Bei Menschen, die ein altersbedingt erhöhtes Sturzrisiko aufweisen, kommt es im Zeitverlauf meist zu wiederholten Stürzen.

Eine verstärkte Sturzangst mündet in generellem Vermeidungsverhalten. Der anhaltende Bewegungsmangel führt zu einer progressiven Abnahme der Körperfunktionen. In der Folge kommt es zu erneuten Stürzen und Komplikationen wie Thrombosen und Lungenentzündungen – ein Teufelskreislauf.

Die pflegemedizinische – und technologische – Beschäftigung mit Stürzen und ihren Folgen läuft noch weitgehend reaktiv ab (erst nachdem die Person gestürzt ist). Dies ist aus pflegerischer Sicht unvollkommen, aus Sicht des Patienten und der Patientin fahrlässig und aus ökonomischer Sicht langfristig unwirtschaftlich. Der technologische Fortschritt eröffnet in diesem Zusammenhang vielfältige Möglichkeiten, eine evidenzbasierte Diagnostik und Therapie zu unterstützen.

Technologie

Sturzprävention eignet sich für eine modellhafte Feldforschung in CARE REGIO, da es einerseits ein Grundpfeiler der Pflegewissenschaften, andererseits ein Gebiet vielfältiger bereits bestehender technisch-digitaler Lösungen ist, deren breite Implementierung, Vernetzung und deren Transfer in die Regelversorgung aber noch aussteht.  

Experten sind überzeugt: Durch die Einschätzung der individuellen Risikofaktoren. Durch eine bessere Sturzerfassung, durch eine gezielte Maßnahmenplanung und durch Technologie unterstütze Durchführung dieser Maßnahmen kann eine sichere Mobilität gefördert werden und das Sturzrisiko verringert werden.

Ziele und Forschungsfragen

Wir sind überzeugt: Es können zahlreiche Prozesse der Sturzprävention durch Digitalisierung und technische Systeme verbessert werden – angefangen vom Assessment, der Datensammlung und -bereitstellung bis hin zum Monitoring und einem digital unterstützten Bewegungstraining.

Deshalb hat sich die Hochschule Kempten die Aufgabe gestellt, in diesem Teilprojekt Assistenzsysteme für die Sturzprävention speziell im häuslichen und ambulanten Umfeld zu evaluieren.

Einige der Forschungsfragen, denen wir nachgehen möchten:

  • Wie lassen sich die Assistenztechnologien effektiv vernetzen?
  • Wie kann man alle benötigten Partner für die Versorgung der Pflegebedürftigen einbeziehen?
  • Wie ist die Akzeptanz und Effektivität von technikgestützter Pflege im ausgewählten Anwendungsfall?
  • Wird der Mehrwert durch die Nutzer erkannt und werden die assistiven Technologien von den Nutzern akzeptiert?
Methoden und Evaluation

Diese Projektziele werden auf unterschiedlichen Wegen verfolgt.

  • Um die bestmöglichen Angebote zielgerichtet evaluieren und testen zu können, wurden Konzepte für die verfügbare Hard- und Software erstellt.
  • Damit diese reibungslos in den Pflegealltag integriert werden können, arbeiten wir ebenso an einem Service- und Logistik-Konzept.
  • Anschließend folgt die Entwicklung einer intuitiven, sicheren und stabilen Systemplattform, auf der die Daten der Technologien übersichtlich und unkompliziert dargestellt werden.
  • Die Entwicklungen und Erkenntnisse münden dann unter anderem in System- und Plattformtests und in einer Anwenderstudie.

In der Studie wird die Technik vor Ort bei Pflegebedürftigen in ihrer persönlichen Wohnumgebung installiert und getestet. Hierfür arbeiten wir mit ambulanten Pflegediensten zusammen, die durch den Zugang zur Systemplattform die pflegerelevanten Daten ihrer Klientinnen und Klienten einsehen können.

Sowohl die Pflegekräfte als auch die Pflegebedürftigen werden anschließend zu ihrer Meinung und Erfahrung mit den Technologien befragt. Die Ergebnisse sollen der Pflegeforschung – und insbesondere den an der Pflege Beteiligten – wichtige Informationen für zukünftige Entscheidungen bieten.

Denn entlang konkreter Prozesse wird klar, wie und an welchen Stellen digitale Technologien Pflegende, Pflegebedürftige und Angehörige unterstützen, oder eine drohende Pflegebedürftigkeit verhindern können – und wo nicht.

Weitere Aufgaben unseres Projektes sind die Vernetzung mit anderen Projekten zur Bündelung der Kompetenzen und Erfahrungen, die Veröffentlichung der gewonnenen Erkenntnisse und vor allem die Einbeziehung der direkt an der Pflege beteiligten Personen.

So wurde etwa kürzlich eine Onlineumfrage mit 50 ambulanten Pflegekräften durchgeführt, um für die weitere Entwicklung – nicht nur unseres Projektes, sondern vieler weiterer Arbeitsgruppen – eine sichere Wissensbasis und wertvolle Anregungen zu sammeln.

Denn die Grundlage dieses Teilprojektes ist und bleibt die Maxime ‚Der Mensch im Mittelpunkt ‚. Ohne direkten Kontakt und das Berücksichtigen der tatsächlichen Bedürfnisse von Pflegefachpersonen und betreuten Personen kann Technologie ihr Potential nicht entfalten.

AnsprechpartnerInnen

Hochschule Kempten

Bahnhofsstraße 61
87435 Kempten

CARE REGIO Koordinierungsstelle
Sophia Yagci
Tel: 0831/2523 – 9245
E-Mail: info@care-regio.de