CARE REGIO – ELSI und wissenschaftliche Begleitung
Session: 16:00 – 16:45 Uhr
Vortrag 1:
Ethische Stolpersteine in der Pflegeforschung: Wo es wirklich hakt
Vortragender:
Prof. Dr. Walter Swoboda
Inhalt des Vortrags:
Das Projekt CARE REGIO hat sich von Beginn an das ambitionierte Ziel gesetzt, höchste ethische Standards in der Planung, Durchführung und Auswertung seiner Forschungsvorhaben einzuhalten. Im Zentrum dieses Anspruchs standen die vier grundlegenden Prinzipien der medizinethischen Theorie, auch bekannt als die Prinzipienethik: Autonomie, Nicht-Schadensprinzip (Schadensvermeidung), Fürsorge (Benefizienz) und Gerechtigkeit. Diese wurden konsequent beachtet und ergänzt durch weitere zentrale ethische und rechtliche Anforderungen, wie zum Beispiel Datenschutz, Transparenz und die informierte Einwilligung der Teilnehmenden.
Alle Teilprojekte innerhalb von CARE REGIO wurden einer sorgfältigen ethischen Überprüfung unterzogen. Diese erfolgte durch eine etablierte Ethikkommission, welche die Einhaltung der ethischen Leitlinien auf struktureller Ebene sicherstellte. Zusätzlich übernahm eines der Teilprojekte die Aufgabe einer kontinuierlichen, internen Überwachung und Reflexion der ethischen Prozesse, sodass die Anforderungen nicht nur zu Beginn, sondern über die gesamte Laufzeit hinweg beachtet und angepasst werden konnten.
In diesem Vortrag werden die zentralen Ergebnisse einer systematischen Auswertung sogenannter „ethischer Stolpersteine“ präsentiert. Dabei handelt es sich um Herausforderungen, Unsicherheiten oder auch konkrete Probleme, die im Rahmen der Teilprojekte von CARE REGIO, aber auch in anderen pflegewissenschaftlichen Forschungsvorhaben aufgetreten sind. Die Analyse bietet praxisnahe Einblicke in typische ethische Konfliktfelder in der Pflegeforschung und zeigt auf, wie diesen professionell begegnet werden kann.
Im Fokus steht dabei die Frage: Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit Forschung im Bereich der Pflege nicht nur wissenschaftlich fundiert, sondern auch ethisch vertretbar ist? Welche Vorkehrungen sind notwendig, um sicherzustellen, dass zentrale Werte und Grundsätze nicht unbewusst oder aus pragmatischen Gründen vernachlässigt werden? Der Vortrag will dazu beitragen, für ethische Fallstricke zu sensibilisieren und gleichzeitig konstruktive Lösungsansätze aufzeigen, um Forschung in der Pflege zukunftsfähig, verantwortungsvoll und menschenzentriert zu gestalten.
Vortrag 2:
Vom Bedarf zur Lösung: Eine Online-Schulung zur Verbesserung des neurologischen Fachwissens in der Pflege
Vortragende:
Nadine Seifert
Inhalt des Vortrags:
Die qualitativ hochwertige Versorgung von Schlaganfallpatientinnen und -patienten nach der Akutphase stellt eine besondere Herausforderung für das pflegerische Personal in Allgemeinkrankenhäusern dar. Sie erfordert nicht nur ein hohes Maß an fachlicher Kompetenz, sondern auch ein starkes Engagement und eine kontinuierliche Weiterbildung der Pflegefachpersonen, um den komplexen Bedürfnissen dieser Patientengruppe gerecht zu werden. In der Realität des klinischen Alltags sehen sich viele Pflegekräfte jedoch mit einem wachsenden Personalengpass und damit einhergehenden zeitlichen Belastungen konfrontiert. Diese strukturellen Rahmenbedingungen führen häufig dazu, dass für dringend notwendige Schulungsmaßnahmen kaum noch ausreichend Zeit zur Verfügung steht – obwohl sie für die Sicherstellung einer hohen Pflegequalität essenziell wären.
Um dieser Problematik zu begegnen, wurde im Rahmen eines Teilprojekts ein digitales Schulungskonzept entwickelt, das flexibel und praxisnah einsetzbar ist. Es bietet den Pflegefachpersonen die Möglichkeit, Schulungsvideos und weiterführendes Lernmaterial zeit- und ortsunabhängig zu nutzen – genau dann, wenn sich im Arbeitsalltag entsprechende Zeitfenster ergeben. Diese Form des selbstgesteuerten Lernens fördert nicht nur die individuelle Weiterentwicklung, sondern unterstützt auch eine nachhaltige Verankerung pflegerischer Handlungskompetenzen im Bereich der Schlaganfallnachsorge.
Das Projekt untersucht dabei gezielt die Akzeptanz, Wirksamkeit und Nachhaltigkeit digitaler Lernmethoden unter Pflegefachpersonen und deren Einfluss auf die wahrgenommene und objektiv messbare Pflegequalität. Grundlage der Evaluation ist ein Mixed-Methods-Ansatz, der sowohl quantitative als auch qualitative Daten erfasst, um ein umfassendes Bild der Nutzung und Wirkung des Schulungskonzepts zu erhalten. Die bisherigen Ergebnisse der Untersuchung sind äußerst vielversprechend: Sie zeigen, dass digitale Lernangebote nicht nur gut angenommen werden, sondern auch zu einer spürbaren Verbesserung der pflegerischen Versorgung beitragen können – insbesondere in einem Bereich, der so sensibel und komplex ist wie die Pflege von Schlaganfallpatienten.